Kompetenzmodell als zentrales HR-Instrument

Kompetenzmodelle sind zentraler Bestandteil eines integrierten Kompetenzenmanagements. Werden in ihnen doch erfolgskritische Kompetenzen nach bestimmten Kriterien geordnet und gruppiert und bilden so den Ausgangspunkt für viele HR-Prozesse und den damit verbundenen Instrumenten. Inwieweit kommen Kompetenzmodelle nach wie vor in Unternehmen zum Einsatz? Was sind aktuelle Trends und Entwicklungen und gibt es Alternativen zum klassischen Kompetenzmodell? Avenir Consulting hat hierzu im Juni 2017 eine Onlineumfrage durchgeführt.

Gut 170 Personen, die Mehrzahl davon HR-Leitungen, aus verschiedenen Schweizer Unternehmen unterschiedlicher Grössen und Branchen haben an der Onlinebefragung teilgenommen und ihre Einschätzung abgegeben. Die Auswertung ergab: Bei knapp Dreiviertel der Befragten
kommt ein Kompetenzmodell zum Einsatz. 26 Prozent verfügen über kein Kompetenzmodell. Einige Unternehmen haben bereits seit zehn Jahren und länger ein Kompetenzmodell, bei 65 Prozent der Befragten wurde das Modell jedoch erst in den vergangenen fünf Jahren
eingeführt.

Strategiebezug als Erfolgsfaktor

An Kompetenzmodellen wird vor allem geschätzt, dass die HR-Arbeit Strategiebezug und Stringenz erhält (79 Prozent). Das Kompetenzmodell wird vielfältig und integriert eingesetzt, zum Beispiel wird es für die Personalbeurteilung, die Rekrutierung, die Personalentwicklung, für den Stellenbeschrieb und die Potenzialeinschätzung genutzt. Die in der Praxis vorhandenen Modelle werden jedoch als austauschbar erlebt. 59 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage (eher) zu und nur 11 Prozent lehnen diese (eher) ab.

Eine regelmässige Überarbeitung erachtet gut die Hälfte der Befragten als zu aufwändig (51 Prozent). 46 Prozent der Befragten mit einem Kompetenzmodell haben dieses noch nie überarbeitet. Das kann auch damit zusammenhängen, dass in vielen der befragten Unternehmen das Kompetenzmodell erst 2015 oder später eingeführt wurde. 22 Prozent der Befragten überarbeiten ihr Kompetenzmodell in regelmässigen Zyklen. Ein knappes Drittel (31 Prozent) hat ihr Kompetenzmodell bereits einmal überarbeitet; die Mehrzahl davon in diesem oder im vergangenen Jahr. Nach den Gründen für die Überarbeitung gefragt, werden vor allem neue Anforderungen an die Mitarbeitenden genannt, gefolgt von externen Trends sowie eine neue Unternehmensstrategie und der Wunsch nach Vereinfachung. Gut die Hälfte (52 Prozent) der Befragten sieht zum Kompetenzmodell keine wirklich praktikable Alternative.

Software im Einsatz

Was die Tool-Unterstützung anbelangt, so glauben 56 Prozent, dass eine solche für ein Kompetenzenmanagement notwendig ist. Neben den grossen Anbietern wie SAP HCM, Umantis und Successfactors kommen vor allem Eigenentwicklungen zum Einsatz. Der Aussage, dass ein Kompetenzmodell nur für grössere Unternehmen sinnvoll sein soll, stimmt die Hälfte der Befragten nicht zu. Gut ein Drittel hingegen sieht den Nutzen jedoch vor allem für grössere Unternehmen.

Selten: Bottom-up-Ansatz

Was die Erarbeitung eines Kompetenzmodells anbelangt, so sieht die Mehrzahl (74 Prozent) einen partizipativen und agilen Ansatz als erfolgsversprechend an. Dabei sind es vor allem die Führungskräfte (58 Prozent) und die Geschäftsleitung (54 Prozent), die einbezogen werden. Ein Bottom-up-Ansatz mit Einbezug der Mitarbeitenden wurde deutlich seltener gewählt (20 Prozent).

Bei 59 Prozent ist das Kompetenzmodell von der Unternehmensstrategie abgeleitet, was passend zu der Einschätzung ist, dass durch das Kompetenzmodell die HR-Arbeit Strategiebezug erhält. Das Nutzen der Unternehmenswerte (53 Prozent), eine Definition des Modells durch das HR (49 Prozent) sowie eine externe Begleitung (42 Prozent) spielen bei der Entwicklung ebenfalls eine wichtige Rolle. Bei 22 Prozent wurden Modelle anderer Unternehmen genutzt. Dies hilft dabei, das Rad nicht neu zu erfinden, kann jedoch auch dazu beitragen,
dass die Modelle in der Praxis als austauschbar erlebt werden.

Welche Alternativen gibt es zum Kompetenzmodell?

26 Prozent der Befragten verfügen über kein Kompetenzmodell. Von diesen planen aber 39 Prozent eines einzuführen. 17 Prozent hatten ein Kompetenzmodell, das sie wieder abgeschafft haben. Als Gründe wurden der fehlende Mehrwert, zu schwerfällig/starr bzw. zu kompliziert für die Linie sowie der fehlende Praxistransfer genannt. 43 Prozent haben kein Kompetenzmodell und planen auch nicht eines einzuführen.

Was kommt alternativ zum Einsatz? Stellenbeschreibungen und Anforderungsprofile/Funktionsprofile wurden am häufigsten genannt. Leitbilder, Werte oder Führungs und Verhaltensgrundsätze, Skills oder Schlüsselfähigkeit sind weitere Alternativen, die zum Einsatz kommen. Zudem werden HR-Instrumente wie MbO, Stellenbewertung, Entwicklungspfade, Assessment oder Leistungs-Potenzial-Portfolio angeführt. Hier stellt sich die Frage, wie diese genau ausgestaltet sind.

Bei den Alternativen erscheint uns wesentlich, in ihnen ebenfalls die Anforderungen des Unternehmens abzubilden. Dies wird nicht über Kompetenzen geleistet, sondern es werden andere Konstrukte wie Skills, Capabilities, Werte, Führungs und Verhaltensgrundsätze oder Leitbilder herangezogen. Hier sind wir auf zukünftige Entwicklungen und Erfahrungen gespannt.

Original-Artikel

Quelle: Persorama
Ausgabe: 3/2017